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Wie von Geisterhand Zuverlässigkeit durch drahtlose Kommunikation

Der Weltmarkt verzeichnete seit Jahren einen enormen Anstieg des Container- und Massengutverkehrs und ebenso des Umschlagvolumens in nahezu allen Häfen. Um erfolgreich mitwachsen zu können, setzt Deutschlands größtes Unternehmen der Seeverkehrswirtschaft auf Industrial Wireless Communication: den Containertransport übernehmen 84 funkgesteuerte Automated Guided Vehicles in einem vollautomatisierten Bereich.

Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), die bereits seit mehr als 120 Jahre im Hamburger Hafen tätig ist, arbeitet auf einem der größten Weltcontainerhafen. Ihre hochleistungsfähigen Containerterminals machen den Hamburger Hafen zu einer internationalen, modernen und effizienten Logistikdrehscheibe. Die Dreh- und Angelpunkte im Seeverkehr sind die sogenannten Containerterminals, von denen die HHLA drei im Hamburger Hafen betreibt. Hier erfolgt der Containerumschlag zwischen den großen Seeschiffen der Hauptstrecken, den kleineren Zubringerschiffen (Feeder) für die Feinverteilung und den Binnenschiffen. Auch der Umschlag auf bzw. Weitertransport über LKW oder Bahn ist in den Terminals der HHLA integriert. Der Container Terminal Altenwerder (CTA) ist einer der Terminals der HHLA. Es zählt auch mehrere Jahre nach seiner Inbetriebnahme zu den modernsten Terminals der Welt nicht zuletzt durch das hochleistungsfähige, fahrerlose Transportsystem, das sogenannte Automated Guided Vehicles (AGVs) sowie Betriebssoftware umfasst und den Containertransport zwischen Schiff und Zwischenlager vereinfacht und sicherstellt. Zwischenlager, die bei der CTA als Blocklager aufgebaut sind, ermöglichen die Pufferung der Container, bevor diese weitertransportiert werden. Mit 500 Mitarbeitern arbeitet der CTA rund um die Uhr. Gemeinsam mit der Gottwald Port Technology GmbH (kurz: Gottwald) aus Düsseldorf hat der CTA die erfolgreiche Implementierung des fahrerlosen Transportsystems durchgeführt. Gegründet vor über 100 Jahren, konzentriert sich die Gottwald Port Technology GmbH – ein Tochterunternehmen der börsennotierten Demag Cranes AG – heutzutage auf Produkte und Systeme für den Güterumschlag in Häfen und Terminals. Die Herausforderung – Fahrerloser Containertransport Zwei Jahre, nachdem der Container Terminal Altenwerder seinen Betrieb im Jahr 2002 aufgenommen hat, bestand die Anforderung, das bisher genutzte, störanfällige Funksystem für die fahrerlosen Transportfahrzeuge (FTF, englisch: Automated Guided Vehicle, AGV) auf ein leistungsfähigeres und stabiles Funksystem umzurüsten. Wie alle im Hafen eingesetzten Komponenten musste auch die neue Technik höchste Ansprüche der Hafentauglichkeit erfüllen. Das neue System sollte 100 Prozent Verfügbarkeit bieten, trotz rauer Bedingungen wie Wind und Wetter, Umgebungsluft mit hohem Salzgehalt, Temperaturunterschieden von bis zu 75°C und starken Erschütterungen wegen Bodenunebenheiten. Eine besondere Anforderung an das Funksystem war darüber hinaus die Vermeidung von Funkausfällen durch Störquellen, wie sie erfahrungsgemäß verstärkt im Hafenbereich auftreten. Auch bestand die Problematik der Überschneidung mit einem weiteren, unabhängigen Funksystem, das im Hinterland (Verladebereich für LKW und Schiene) die drahtlose Kommunikation zu den Zugmaschinen (manuell betriebene Fahrzeuge für den Containertransport zu den Zügen) ermöglicht. Eine Herausforderung war zusätzlich die Koordinierung der Fahrzeuge untereinander bei einer Geschwindigkeit von 6m/s (im Kurvenbereich 3m/s) und einer Traglast von maximal 60 Tonnen. Dr. Mohammad Ahmadian, Projektleiter bei Gottwald erläutert: \“Die besondere Herausforderung bestand darin, in einem lebendigen System, d.h. in einem System, das sich in der Produktion befindet, das Funksystem zu wechseln bzw. beide Systeme parallel laufen zu lassen.\“ Die Lösung – \“Es funkt\“ und zwar 100 Prozent zuverlässig Anfängliche Tests bestätigten schon bald, dass die eingesetzte IWLAN-Technik von Siemens dem bisherigen System in puncto Zuverlässigkeit weit überlegen war: \“Schon sehr bald nach der ersten Testinstallation zeigte sich, dass das neue System keine messbaren Störungen hatte und höhere Datenraten erzielte\“, so Dr. Ahmadian. Es folgte die stufenweise Umrüstung des Systems auf mittlerweile 84 AGVs, von denen ein Teil diesel-elektrisch und ein Teil diesel-hydraulisch angetrieben werden. Die Fahrzeuge befahren – völlig selbstständig und fahrerlos – eine Fläche von 1,4km Länge und 100m Tiefe. Die Kommunikation mit den AGVs erfolgt drahtlos über Industrial Wireless LAN. Dazu wurden an mehreren Hauptmasten in der Nähe der Automatikfläche 13 Access Points der Baureihe Scalance W in einem Schaltschrank montiert. Links und rechts davon steht jeweils ein Nebenmast, an dem eine oder mehrere Antennen die Funkausleuchtung sicherstellen. Dr. Ahmadian zeigt sich erfreut: \“Mit den 13 Access Points – teilweise Dual Access Points – ist man in der Lage, die Fläche redundant auszuleuchten, sodass der Betrieb sicher weiterlaufen kann, selbst wenn die Hälfte der Access Points ausfallen würde.\“ In jedem Fahrzeug wird jeweils ein IWLAN Client Module vom Typ Scalance W eingesetzt. Ausgeklügeltes System Die Fahrzeuge orientieren sich an in der Fahrbahn eingelassenen Marken (Transpondern), die jeweils im System mit eindeutigen x- und y-Koordinaten erfasst sind. Diese befinden sich in regelmäßigen Abständen im Boden. Von diesen Tranpondern erhält das AGV seine Orientierungsdaten und routet mit Hilfe einer Rad- und Abstandsmessung vollkommen selbstständig vom Quellort zum Zielort. Die Gegenstücke sind unten am Fahrzeug die Transponder-Antennen, sogenannte Großflächenantennen. Das Fahrzeug gibt die Energie in den Boden, die Spule nimmt diese auf und sendet dann die Kennung der beiden Koordinaten zurück an das Fahrzeug. Sie werden nicht für die Navigation benötigt, nur zur Orientierung und Korrektur der Fahrstrecke, die durch äußere Einflüsse, wie Wind, Bodenwellen und unterschiedlicher Gewichte im Container permanent eine Abweichung erfährt. Die Navigation dagegen erfolgt über die Steuerungssoftware von Gottwald und wird durch einen imaginär festgesteckten Bereich (Claim) erreicht, der sich vor jedem der Fahrzeuge befindet und von keinem anderen Fahrzeug verletzt werden darf. Sicherheit wird groß geschrieben Der Automatikbereich, sowohl für die fahrerlosen Transportfahrzeuge, als auch für die schienengebundenen Lagerkrane, kurz RMG (Rail Mounted Gantry), ist von einem Sicherheitszaun umgeben. Betritt eine Person unautorisiert den Bereich, wird die gesamte Anlage sofort stillgesetzt. Im Servicefall kann ein Mechaniker den Automatikbereich betreten, ohne dass die Anlage komplett gestoppt wird. Dafür werden kurzfristig spezielle \’Sperrflächen\‘ systemisch eingerichtet. Diese Information wird durch das IWLAN-System von Siemens gesichert an die Fahrzeuge übertragen, sodass diese nicht mehr innerhalb einer \“Sperrfläche\“ fahren. Boris Wulff, Terminalentwicklung vom CTA, betont die optimale Sicherheit des Terminals: \“Der CTA ist auch unter dem Aspekt der Sicherheit ein sehr vorbildliches Terminal. Das liegt zum großen Teil daran, dass wir ein Automatikterminal sind. Und in diesen Automatikbereich hat kein Unbefugter Zutritt.\“ Verletzungen von Personen werden damit von vornherein vermieden. Wenn ein Fahrzeug sich innerhalb einer gewissen Zeit nicht meldet bzw. keine Signale von der Zentrale bekommt, hat das Fahrzeug zu stoppen. Zertifizierungssystem Der CTA hat sich 2008 nach dem Container Terminal Quality Indicator (CTQI) zertifizieren lassen, um den kontinuierlichen Abwicklungsprozess des Terminals aufzuzeigen und sein Qualitätsmanagement zu verbessern. Dank einheitlicher externer Bewertung sollen damit die Effizienz der Terminals weiter gesteigert sowie die von Kunden und lokalen Behörden geforderten Qualitätsstandards nachgewiesen werden. Zuverlässiges Funkfeld In den Vergleichstests glänzt der CTA durch hohe Umschlaggeschwindigkeit und Gesamteffektivität. Für die Branche wichtige Leistungsindikatoren, wie \’Flächenproduktivität\‘, \’Kaimauerproduktivität\‘ oder \’Mitarbeiterproduktivität\‘ erreichen Spitzenwerte. Sie liegen um den Faktor 1,5 bis zwei über den Werten konventioneller Containerterminals. Gemäß Boris Wulff von dem CTA ist der Umschlag seit der Einführung der neuen Technik deutlich effizienter geworden: \“Nahezu alle Bewegungen, die wir hier machen, sind automatische Bewegungen und diese laufen nach kontinuierlichen Prozessen, nach kontinuierlichen Bremskurven ab. Das heißt, wir gehen sehr vorsichtig mit den Containern um und mindern damit die Gefahr, dass wir die Ware im Container beschädigen. Zudem ist es ein sehr zuverlässiges System, was bei jedem Wind, bei jedem Wetter einsetzbar ist. Wenn dieses System ausfiele, z. B. aufgrund eines Netzwerkfehlers, dann wäre das desaströs, in dem Moment stünde die komplette Schiffsabfertigung. Der Ausfall eines Krans oder einer Containerbrücke ist zu verkraften. Nicht so, würde das IWLAN des AGV-Systems ausfallen, in diesem Moment stünden alle Fahrzeuge still. Aus diesem Grund sind wir mit dem zuverlässigen Netzwerk, das wir mit der IWLAN-Technik von Siemens haben, sehr zufrieden.\“ Dr. Ahmadian von Gottwald ergänzt: \“Die Vorteile des IWLAN-Systems sind sowohl die hohe Verfügbarkeit als auch die Robustheit und damit verbunden die Wirtschaftlichkeit des Systems – deshalb hat der Kunde zugestimmt, dieses System von Siemens einzusetzen. Neben den durch die hohe Zuverlässigkeit gegebenen Vorteilen stehen auch Kostenvorteile im Vordergrund. Konventionelle Terminals setzen sogenannte \’Van Carrier\‘ oder \’Straddle Carrier\‘ ein, das sind hochbeinige Geräte auf acht Rädern (Hubportalwagen). Für die AGVs dagegen reichen vier Räder. Dadurch lassen sich deutlich Material- und Verschleißkosten reduzieren. Zusätzlich nutzen Straddle Carrier zum Aufnehmen der Container \’Spreader\‘ (Hebezeuge), die serviceintensiv sind. AGVs haben solche Spreader nicht. Hieraus ergibt sich ein großer Servicevorteil. Auch wird gegenüber den herkömmlichen Geräten deutlich weniger Masse bewegt, d.h. die AGVs verbrauchen signifikant weniger Energie bei einem Gewicht von 25 Tonnen pro AGV. Ausblick Dr. Ahmadian freut sich über die gute Zusammenarbeit mit Siemens: \“Das lief hervorragend! Wir konnten unsere Wünsche jederzeit äußern und diese Wünsche wurden in der Entwicklungsabteilung von Siemens direkt aufgenommen und realisiert! Daher war auch hier bei CTA so ein schneller Erfolg möglich.\“ Die Gottwald Port Technology GmbH ist bereits in Gesprächen mit weiteren Kunden, um das System zukünftig auch in anderen Hafenapplikationen einzusetzen: \“Wegen der guten Erfahrungen, die wir hier mit dem Siemens-IWLAN-System gemacht haben, würden wir dieses für zukünftige Projekte weltweit empfehlen und einsetzen\“, so Dr. Ahmadian. Kasten: Das Besondere am Container Terminal Altenwerder ist dessen automatisierte Terminalstruktur

Siemens AG
http://www.siemens.de/

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