Aus der Luft betrachtet erscheint ein Flughafen bei Tag und insbesondere bei Nacht wie eine riesige beleuchtete Stadt. Die am besten erkennbaren Leuchtpunkte gehören zu den Befeuerungsanlagen der Start- und Landebahnen. Doch kein Passagier und Besucher macht sich Gedanken darüber, welche komplexen Vorgänge notwendig sind, damit die Beleuchtung gesteuert werden kann und kontinuierlich zur Verfügung steht. Die Betreiber eines Flughafens müssen die strengen Vorschriften der deutschen Behörden in allen Belangen erfüllen. Im Jahr 2012 lag der Frankfurter Flughafen im europäischen Vergleich auf Platz 2 beim Frachtaufkommen und Platz 3 bei den Passagierzahlen. Mit rund 78.000 Beschäftigten ist er in jedem Fall die größte Arbeitsstätte Deutschlands. Nur wenige Kilometer vom Flughafen entfernt befindet sich der Hauptsitz der Cegelec Deutschland GmbH in Frankfurt am Main. Das Unternehmen, das auf den Bereich der Elektro- und Automatisierungstechnik spezialisiert ist, gehört zur Unternehmensgruppe der Vinci Energies. Als herstellerunabhängiger Lösungsanbieter mit umfangreicher Projekterfahrung beschäftigt Cegelec in Deutschland mehr als 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erzielte 2012 einen Jahresumsatz von über 300 Millionen Euro.
Proxy koppelt Profibus-Teilnehmer an den Profinet-Controller an
Am Frankfurter Flughafen war Cegelec mit der Erarbeitung eines Konzepts betraut, bei dem die Flugfeldbeleuchtung von einem redundanten Leitsystem des Typs PVSS II von ETM-Siemens gesteuert wird. Das Leitsystem bildet die erste Stufe eines durchgängigen Redundanzkonzepts, das auf dem Fernwirk-Protokoll IEC60870-5-104 aufsetzt (Bild 2). Zur Befeuerung der Start- und Landebahnen des Vorfelds kommen Befeuerungskomponenten von Siemens, Induperm und Lucebit zum Einsatz. Daher setzte die Fraport AG die Verwendung des Feldbussystems Profibus DP für die Datenübertragung voraus. Bei der Ankopplung der Profibus-Teilnehmer an die Controller entschied sich Cegelec zur Nutzung der Profinet-IO-Proxys vom Typ FL NP PND-4TX PB von Phoenix Contact. Der Proxy stellt für die Lucebit-Komponenten einen Klasse-1-Master im Profibus-DP-System dar. Gleichzeitig fungiert er bei der überlagerten Steuerung als Profinet-IO-Device. Die Besonderheit der Lucebit-Geräte liegt darin, dass jeder Teilnehmer zwei Profibus-Devices repräsentiert. Auf diese Weise lassen sie sich über zwei unterschiedliche Profibus-Master an zwei Profinet-Controller anbinden. Jeder Controller verfügt somit über ein eigenes unterlagertes Netzwerk, in dem die gleichen Endgeräte eingesetzt werden.
Fernwirklösung Resy+ verbindet Steuerungen und Leitsystem
Die nächste Stufe des Redundanzkonzepts besteht aus den beiden Profinet-Controllern. Cegelec wählte hier Hochleistungs-Steuerungen vom Typ RFC 470 PN 3TX von Phoenix Contact. Die Remote Field Controller tauschen die aktuellen Zustände der unterlagerten Befeuerungskomponenten permanent über eine TCP/IP-Verbindung miteinander aus. Die SPSen werden auf Basis der Fernwirklösung Resy+ an das Leitsystem angekoppelt. Resy+ umfasst verschiedene Funktionsbaustein-Bibliotheken, die das Implementieren zusätzlicher Funktionen und Protokolle auf einem Controller ermöglichen. In diesem Projekt verwendet Cegelec die Resy-104-Bibliothek, die das Fernwirk-Protokoll gemäß IEC60870-5-104 umsetzt (Bild 3). So lässt sich das Redundanzkonzept auf allen Ebenen realisieren.
Im Fehlerfall nahtlos auf den redundanten Controller
Das Ziel des beschriebenen Redundanzkonzepts liegt darin, ein hohes Maß an Ausfallsicherheit zu erreichen. Sollte die Verbindung eines Reglers zum Controller unterbrochen werden, kann dieser über den zweiten Proxy und damit über den zweiten Controller mit dem Leitsystem kommunizieren. Das erfordert eine kontinuierliche Verbindungsüberwachung der Teilnehmer seitens der beiden RFC 470 PN 3TX, die durch einen Teil der I/O-Daten durchgeführt wird. Um eine zuverlässige Kontrolle der Verbindung des Leitsystems mit den Profibus-Devices sicherzustellen, tauschen die Devices permanent Daten mit den überlagerten Profinet-Controllern aus. Ändern nun die Daten eines Teilnehmers ihren Wert auf null, stellt das System einen Verbindungsfehler fest. Die Zustände jedes Teilnehmers eines Netzwerks werden von jedem Controller an den anderen Controller übertragen. Eines der Geräte arbeitet dabei als Master, das andere als Slave. Erkennt der Master, dass ein Verbindungsfehler aufgetreten ist, der nicht am Slave liegt, geht die Prozessführung auf den anderen Controller über (Bild 4).
Begrenzung der Master-Funktion reduziert das Datenaufkommen
Zur Verringerung des Datenaufkommens und Verhinderung von Störmeldungen verfügt die Lösung über eine Besonderheit. Das System wurde so aufgesetzt, dass die I/O-Daten nur über einen Weg zum Leitsystem gesendet werden können. Dazu begrenzt das Redundanzkonzept an den Profinet-Controllern die Master-Funktion auf eines der beiden Geräte. Auf diese Weise kann lediglich der Master-Controller die I/O-Daten der unterlagerten Profinet-Devices an das Leitsystem kommunizieren. Sollte es zu Fehlern oder Ausfällen im System kommen, werden die empfangenen Daten zum Führen einer Störstatistik genutzt. Neben der Reduzierung des Datenaufkommens ist das System in der Lage, in einen Simultanmodus zu wechseln, der sowohl bei der Inbetriebnahme als auch während des laufenden Betriebs erhebliche Vorteile mit sich bringt.
Notstromaggregat sorgt für die kontinuierliche Versorgung
Die Befeuerungskomponenten unterteilen sich in vier Hauptgruppen, die wiederum in verschiedene Segmente aufgegliedert sind. Dabei handelt es sich um Lucebit-Regler mit und ohne Lampensteuerung, Lucebit-Blitzsysteme und eine Netzersatzanlage. Die erste Gruppe spaltet sich in bis zu 108 Befeuerungsregler auf, die maximal 254 Lampen steuern können. Diese Zahlen belegen, welch großer Aufwand betrieben werden muss, um eine korrekte Befeuerung zu installieren. Eine Besonderheit bei den vier Hauptgruppen kommt dem Bereich der Netzersatzanlage – kurz NEA – zu. Hierzu zählt ein Notstromaggregat, das von einer eigenständigen SPS gesteuert wird. Sobald die Versorgungsspannung ausfällt, nimmt das Notstromaggregat seine Arbeit auf. Als Controller hat sich Cegelec hier für einen ILC 350 PN von Phoenix Contact entschieden.
Fazit
Der Frankfurter Flughafen verfügt derzeit über eine Start- und eine Landebahn sowie zwei Bahnen, die jeweils zum Starten und Landen verwendet werden können. Jede der insgesamt sechs Befeuerungsaufgaben wird auf Basis einer durchgängigen Redundanzlösung von Cegelec sowie unterschiedlicher Komponenten von Phoenix Contact umgesetzt. Die durchdachte Lösung trägt in Kombination mit den zuverlässigen Geräten dazu bei, dass am Frankfurter Flughafen zu jedem Zeitpunkt ein reibungsloser Flugbetrieb sichergestellt ist.
Kommunikationsmöglichkeiten
Die Software-Lösung Resy+ von Phoenix Contact ermöglicht ein durchgängiges Fernwirken, wobei die Daten sowohl über Ethernet als auch via Standleitung, Wählverbindung, SMS, GSM, GPRS oder Funk übertragen werden können. Als Basis der Fernwirklösung fungieren hochmodulare Inline-Steuerungen in verschiedenen Leistungsklassen, die sich flexibel um die jeweils erforderlichen Standard- und Funktionsklemmen erweitern lassen. Anschließbar sind maximal 8.192 lokale I/O-Punkte. Wie sämtliche Steuerungen von Phoenix Contact werden die Inline Controller mit der Software PC Worx gemäß IEC61131-3 programmiert. Wichtiger Bestandteil des Tools ist eine Funktionsbaustein-Bibliothek für die Konfiguration der Fernwirkverbindung. Zur Parametrierung der Fernwirktechnik und Programmierung der Steuerungsfunktion benötigt der Anwender somit nur eine Software. Diese unterstützt eine Vielzahl von Protokollen wie die Fernwirkstandards IEC60870-5-101 und 60870-5-104, Modbus TCP/RTU und ODP (Open Data Protocol), sodass die Steuerung mit fast allen modernen Leitsystemen kommunizieren kann.