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Intralogistik und Lagertechnik

Antriebstechnik von SEW-Eurodrive für Regalbediengerät im Seecontainer

Keine Frage: Seecontainer lassen sich ausgezeichnet für den Gütertransport verwenden. Doch durch das praktische Format kommen sie auch anderweitig zum Einsatz: als Kühllager, als Büro, als Forschungsstation in der Antarktis oder sogar als Tiny-House. Neues Potenzial birgt auch eine Entwicklung von SEW-Eurodrive und Inperfektion - ein komplett in einen solchen Container eingebautes Regalbediengerät.
 Ein komplettes, vollständig automatisiertes Regalbediengerät findet in einem Seecontainer Platz.
Ein komplettes, vollständig automatisiertes Regalbediengerät findet in einem Seecontainer Platz.Bild: SEW-Eurodrive GmbH & Co KG

Die Idee dazu kam von der Abteilung Market Solutions bei SEW-Eurodrive. Die üblichen Anforderungen an Regalbediengerät (RBG) lauten: höher, schneller, weiter. Sie betreffen also eine große Hubhöhe und das Fahren mit hoher Geschwindigkeit in engen und möglichst langen Gassen. Dass ein RBG jedoch gerade mal eine Höhe von 2,30m haben soll, erstaunt erst einmal. Natürlich sollten die üblichen technischen Merkmale auch hier gelten: hohe Robustheit und Zuverlässigkeit, einfache Ansteuerung und effiziente Bewegung bei möglichst guter Raumausnutzung. Selbstverständlich sollte das Lager nach dem aktuellen Stand der Technik konstruiert sein und alle normativen bzw. gesetzlichen Vorgaben erfüllen.

Kompakter mechanischer Aufbau

Das stabile RBG-Gestell aus Aluminiumschienen füllt den Platz im Container nahezu vollständig aus, bis auf einen kleinen Spalt zur akustisch entkoppelten Außenwand. Die zwei RBG-Fahrwagen fahren in Längsrichtung durch den Container. Dazu wurde oben und unten mittig im Rahmen jeweils eine Zahnschiene angeordnet. Der Fahrwagen besteht aus separat motorisierten Hub- und Fahrwerken sowie zwei Lastaufnahmemitteln (LAM). Sowohl die Datenübertragung als auch die Energieversorgung erfolgen kabellos. Um die senkrechte Bewegung sicherzustellen, ist ein Mast mit integrierter Lineareinheit mit Zahnriemen verbaut. Rechts und links entlang des Verfahrweges befinden sich rund 500 Lagerplätze, die – bei diesem Projekt – aus einhängbaren Kunststoff-Lagerkisten bestehen.

In den Container wurde ein 120cm breiter Schaltschrank eingebaut mit Steuerungs- und Sicherheitstechnik, Logikbaugruppen, Schützen sowie Netzteilen. Die Antriebselektronik für die Fahr- und Hubwerke wurde als dezentrale Variante konzipiert: Alle vier Achsen eines RGB werden mit motornahen Frequenzumrichtern vom Typ Movimot flexible angetrieben. Sie treiben energieeffiziente Synchronmotoren der Baureihe CM3C an. Das Aufnahmemittel kann zu beiden Seiten ausgefahren werden und erreicht so die rechts und links eingehängten Lagerkisten. Ein speziell für diese Anwendung entwickelter Greifer nimmt die Kisten dann jeweils aus einem der Lagerplätze. Aktuell lassen sich Produkte mit einem Volumen bis zu fünf Litern einlagern. Zum Auslagern werden sie automatisiert auf ein kleines Förderband gelegt und durch eine Luke aus dem Container befördert. Dieses Förderband wird durch kleine Getriebemotoren des Typs Movimot performance ELV angetrieben. Sie bestehen aus einem 48VDC-Kompaktmotor und passenden Kompakt-Planeten-, Winkel-, und Winkelplanetengetrieben. Aktuell werden die Motoren der Förderbänder über das I/O-Modul-System von SEW-Eurodrive binär angesteuert. Seit kurzer Zeit gibt es den 48V-Getriebemotor auch in Feldbusausführung, was Verdrahtungsaufwand sowie Platz im Schaltschrank spart. Die Rollenbänder zum Ausfördern sind mit dezentralen EC-Drives ausgestattet.

Bedienung über Touchscreen

An der Front des Containers ist über dem Ausgabefach ein Display anbracht. Hier kann der Benutzer eine Bestellung aufgeben, indem er das gewünschte Produkt über den Touchscreen auswählt. Dieser Industriemonitor mit Touch-Funktion ist über ein HDMI- und ein USB-Kabel mit der Steuerung Movi-C UHX86A verbunden. Das Programm für die Bedienoberfläche wurde mit einem modernen 3D-Framework programmiert. Es wird auf dem Windows-Betriebssystem ausgeführt, das neben dem Echtzeit-Betriebssystem auf der Steuerung läuft. Aufgrund des hybriden Ansatzes der Steuerung wird kein zusätzlicher PC benötigt.

Das Softwaremodul Movikit StackerCrane effiDrive sorgt bei dieser Anwendung für die passenden Zyklen von Hub- und Fahrantrieb und sorgt für effiziente Bewegung. Obwohl der Hub nicht hoch ist, besteht durch die leichte Konstruktion des Masts trotzdem die Gefahr von Schwingungen. Durch das Softwaremodul wird modular eine Dämpfung gegen auftretende Schwingungen implementiert. Für die Bewegungssteuerung musste kein Code programmiert werden, sondern es wurden lediglich einige Applikationsparameter eingestellt. Die integrierte digitale Schnittstelle Movilink DDI von SEW-Eurodrive sorgt für eine unkomplizierte Inbetriebnahme. Zusätzlich wurde noch ein Ablaufprogramm für die Bewegung programmiert.

Verschleißfreie Übertragungsmedien

Von der Steuerung erfolgt die Echtzeit-Datenübertragung über Ethercat per Lichtkommunikation an die Fahrwagen. Dort setzen die dezentralen Umrichter die Steuerbefehle für die Servomotoren um. Die Energieversorgung des Fahrwagens erfolgt über das induktive Übertragungssystem Movitrans. Somit kommen verschleißfreie Übertragungsmedien an sämtlichen Stellen zum Einsatz, die infolge der Bewegung abgenutzt werden könnten. Alle beweglichen Teile sind vom Bedienstand räumlich getrennt. Zusätzlich wurde die Anlage mit Sicherheitstechnik ausgestattet: Neben zwei Nothalt-Tastern, die an die Sicherheitssteuerung angeschlossen sind, ist auch vorgesehen, sichere Lichtvorhänge anzuschließen. Die Kommunikation zwischen Antrieben und Sicherheitssteuerung erfolgt über FSoE.

Bei dieser Anwendung erleichtert das StarterSET 668 von SEW-Eurodrive als Basis die Arbeit im Kommissionierungsprozess und darüber hinaus. Das Set besteht aus aufeinander abgestimmten Hard- und Software-Bausteinen, die spezifisch auf den jeweiligen Maschinentyp zugeschnitten und vorselektiert sind.

Optionen für weitere Anwendungen

Die Umsetzung dieses RBG-Projekts erfolgte zunächst mit 500 identischen Fächern. Die Anlage lässt sich aber flexibel anpassen. Das mobile Lagergerät kann man als Einzellösung einsetzen oder mechanisch in eine Linie integrieren. Die Kommunikations- und Leistungsanschlüsse sind nach außen geführt. Um den Container bei extremen klimatischen Umgebungsbedingungen einzusetzen, kann zwischen dem inneren Rahmen und der Außenwand Isoliermaterial eingebracht werden. In heißen Regionen kühlt ein Klimagerät den Innenraum. In kalter Umgebung funktioniert die Antriebselektronik auch noch bei -30°C. Vom automatisierten, mobilen Kleinteilelager über den vollautomatischen Selbstbedienungsladen mit Bezahleinheit bis zum Smart-Farming Projekt liegen bereits mehrere Anfragen vor.

SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG

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