ITM (Isotope Technologies Munich) entwickelt und produziert Arzneimittel zum Einsatz in Krebstherapien, bei denen Radio-Isotope mit sogenannten tumorspezifischen Zielmolekülen kombiniert werden, sowie passende Diagnostika. Der im Juni 2023 eröffnete zweite Produktionsstandort in Neufahrn ist laut ITM die weltweit größte Produktionsstätte für die Herstellung von Lutetium-177. Das patentierte Verfahren zur Herstellung trägerfreier, hochreiner Lutetium-177-Verbindungen für medizinische Zwecke wurde von ITM selbst entwickelt.
Hohe Prozesssicherheit
Die komplette Anlage für die neue Produktionsstätte in Neufahrn wurde vom Sondermaschinenbauer Berning geliefert. Schnaithmann wiederum wurde von Berning beauftragt, die Transfertechnik für die Anlage zu entwickeln: Im Herstellungs- und Abfüllprozess müssen Bleibehälter für das radioaktive Material transportiert werden. „Gefordert war eine hohe Verfügbarkeit und Prozesssicherheit der Transferanlage, außerdem sollte sie kompakt und platzsparend aufgebaut sein“, sagt Claudio Palmisano, der für den technischen Vertrieb von Schnaithmanns modularen Transfersystemen zuständig ist und das Projekt betreut hat. „Für das Gewicht der Werkstücke von maximal 3,5kg und der Größe der Werkstückträger von 160x160mm ist unser Doppelspur-Gurtbandsystem BS21 gut geeignet. Durch den Einsatz dieses Bandsystems konnten wir die Kosten um rund 30 Prozent reduzieren.“
Auf dem Transportsystem werden kleine Bleibehälter, in denen sich das bereits in Injektionsfläschchen abgefüllte Lutetium-177 befindet, von sogenannten kalten in heiße Bereiche transportiert – also von nicht-radioaktiven in radioaktive Bereiche. Die Transferanlage wurde auf eine obere Ebene montiert, um von einem Raum in den nächsten zu gelangen. Mittels eines Handlings und eines Roboters werden die leeren Bleibehälter zum Befüllen bereitgestellt. Anschließend werden die Behälter automatisch verschlossen und zum Versandplatz transportiert. Weil das radioaktive Material sicher in Bleibehältern verpackt ist, kann es in Kartons versandt werden. Das Nova-Werk in Neufahrn ist direkt an den Münchner Flughafen angebunden, was den zeitnahen Versand der kurzlebigen therapeutischen Isotope und Radiopharmazeutika an Kliniken weltweit erleichtert.
Hohe Anforderungen
Die Verarbeitung und Abfüllung von radioaktivem Material stellt hohe Anforderungen an die Anlage und ihre Komponenten. Die eingesetzte Fördertechnik muss brandschutztechnische Ansprüche erfüllen, z.B. in Hinsicht auf das Material des Gurtes. Die Übergänge zwischen den Brandschutztoren müssen zustellbar sein; um diese im Notfall automatisch zu verschließen, muss der Bandübergang automatisch wegfahren können. „Die Räume sind durch automatische Schiebeschotten nach Feuerwiderstandsklasse F90 abgesichert“, erklärt Palmisano. „Dafür haben wir an dem Band speziell angetriebene, zustellbare Übergänge entwickelt. Im Brandfall oder bei sonstiger Gefahr werden die Schiebeschotten verschlossen und die Räume mit Stickstoff gefüllt, da ein herkömmliches Löschen nicht möglich wäre.“
Die Verkettung der Transfertechnik verläuft nicht nur durch mehrere Räume, sondern auch auf mehreren Ebenen. Hierfür werden vier Lifte in Stahlgestellen in Kompaktform eingesetzt. Um die geforderten Taktzeiten zu ermöglichen, werden in einem Lift vier Werkstückträger gleichzeitig transportiert. Angetrieben werden die Lifte von Siemens-Servomotoren auf Präzisionslinearführungen von Bosch Rexroth. Die massiven Linearführungen in den Liften stellen eine hohe Prozesssicherheit und lange Lebensdauer sicher. Für einen kompakten und platzsparenden Aufbau hat das Doppelspur-Gurtbandsystem 90°-Schleppkurven und Tandem-Hub/Quer-Einheiten mit angetriebenem Übergang.
Hohe Qualität
„Da es sich bei dem Produktionswerk um ein Neubauprojekt handelte und mit Änderungen zu rechnen war, wurde die Transferanlage mit unserem webbasierten Konstruktions-Tool EasyGo geplant“, betont Palmisano. „So konnte das Gebäude-Layout einfach integriert und Änderungen schnell angepasst werden. Auch für die bessere Planung und Visualisierung der Verkettung auf mehreren Ebenen und durch mehrere Räume war das 3D-Layout von EasyGo sehr praktisch.“