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Drehgeber-Expertenrunde ´Functional Safety´ - Teil 1/2

Sichere Drehgeber

Bereits zum dritten Mal fand die Drehgeber-Expertenrunde des SPS-MAGAZINs statt. Dabei diskutierten Experten von Baumer, BiSS Association, Fraba, Kübler, Hengstler, iC-Haus und Sick über das Thema ´Functional Safety´. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Johann Pohany, Geschäftsführer der Medidtcine Consultants. Im ersten Teil geht es darum, wo Safety-Drehgeber bereits im Einsatz sind, und ob SIL2 oder SIL3?

Bücher: Die Hardware bzw. Mechanik spielt zukünftig nur noch eine untergeordnete Rolle. Wo man sich wirklich vom Wettbewerb unterscheiden wird, ist die Software.

Urlaub: Software bietet auch für ältere Drehgebertechnologien neue Möglichkeiten. Dabei geht es nicht darum inkrementelle Signale auszugeben, sondern zusätzlich Geschwindigkeit und sichere Beschleunigungswerte zu erfassen. Dadurch ergibt sich ein höherwertiger Sensor. Wenn wir allerdings über die Entwicklungsaufwände sprechen, so liegen diese bei einem sicheren Drehgeber zu einem großen Teil in der Dokumentation und Test der Software versteckt, was die Safety-Produkte teurer und aufwendiger macht.

Hepp: Auch Chip-Designer brauchen mittlerweile eine Zusatzausbildung, da ‚Functional Safety‘ einen nennenswerten Anteil ihrer Arbeit ausmacht.

Wird es von iC-Haus irgendwann Safety-Building-Blocks geben, mit denen ich Drehgeber funktional sicher aufbauen kann?

Flocke: Wir reagieren bereits auf entsprechende Nachfrage und haben auf der SPS IPC Drives entsprechende Lösungen vorgestellt, das heißt zwei diversitäre Encoder auf einem einzigen Chip. Es gibt bereits Systeme, um mit verschiedenen Ansätzen ein sicheres System zu bauen, indem man z.B. magnetisch mit optisch auf einer gleichen Welle kombiniert. Neu ist die Möglichkeit, dies mit einem einzigen Stück Silizium und derselben Codescheibe zwei Abtastungen hinzubekommen, die dann Common Cause vermeiden und zusätzlich Diagnosefunktionen bieten. Wir sind dabei diese Technik als Compliant Item mit TÜV-Zertifikat anzubieten. Das sind aber Entwicklungen, bei denen ein Kunde bereit sein muss, mit einem Implementation Handbook zu arbeiten. Er kann nicht einfach einen Drehgeber anschrauben und dann ein paar externe Bauelemente dazusetzen, um sein System sicher zu machen.

Bücher: Die Komponenten von iC-Haus sind ein Zeichen, dass der Trend in Richtung funktionaler Sicherheit geht. Im Sensorbereich sind wir natürlich dankbar, dass wir bereits solche Chips von iC-Haus haben. Wenn Sie sich aber umschauen, was renommierte Firmen im Halbleiterbereich heute bereits zum Thema ‚Functional Safety‘ an Entwicklungswerkzeugen zur Verfügung stellen und was für Komponenten wie z.B. Microcontroller oder Halbleiter vorhanden sind, dann sind das Building Blocks, die man bereits heute verwenden kann, um eine sichere Entwicklung durchzuführen. Auf der anderen Seite wird es immer wichtiger, dass diese Anforderungen auch standardisiert werden. Ich bin froh, dass im Zuge der internationalen Standardisierung für sicherheitsrelevante Encoder derzeit eine weltweite Norm entsteht, um zukünftig eine standardisierte Entwicklung zu ermöglichen. Aktuell haben wir leider bei Zertifizierungen oder Berechnungen oft noch Individuallösungen, die auf spezifische Applikationen abgestimmt sind.

Oft möchte der Anwender keine zertifizierten Produkte haben, sondern PLd-compliant-Komponenten.

Kleiner: Gerade Anwender im Bereich der mobilen Automation gehen vom Zukauf zertifizierter Komponenten weg und möchten bewertbare Komponenten haben, um dann ihr System für sich bewerten zu können. Damit kaufen sie sich natürlich Flexibilität ein und können ihre Produkte permanent variieren.

Urlaub: Wir sehen ebenfalls diesen Trend, sind aber zwiegespalten. Software ist eine der wichtigsten Komponenten bei Drehgebern. Software bedeutet aber auch, dass ich einen veränderlichen Prozessor auf einem komplexen System habe und komplexe Systeme alleine dem Kunden zu überlassen ist schwierig. Einen Inkrementalgeber, der kaum Software hat, kann der Kunde als Black Box irgendwo anbauen. Einen komplexeren Safety-Absolutwert-Geber, der Prozessoren integriert hat, nicht mehr. Es mag Kunden geben, die zwar Safety beherrschen, aber die einzelnen Bauteile nicht kennen. Dann funktionieren auch Redundanzen über einen Zweitgeber nicht. Daher gehen wir den Weg der Zertifizierung auch für Performance Level d oder SIL2, weil es einfacher skalierbar ist und wir es anschließend auch weltweit verkaufen können.

Matzker: Wir sehen zwei Trends: certified und non-certified Compliance. Wir haben beide Varianten im Programm; für Stand-Alone-Geber ab Stückzahl 50. Den Compliance-Trend sehen wir bei mobilen Maschinen. Allerdings herrscht dort auch ein erheblicher Kostendruck und mit den geringen Stückzahlen bei stand alone Safety-Gebern bekommen wir das derzeit noch nicht abgebildet. Wir setzen dort auf einen redundanten diversitären Ansatz, um PLd zu erreichen, ohne dass ich einen zertifizierten Ansatz benötige. Aber auch das Thema Verfügbarkeit ist wichtig. Viele Kunden sind überrascht, wenn sie feststellen, dass sie einen sicheren Zustand erreicht haben, aber das System nicht mehr kommuniziert. Es ist schön, wenn man ‚Functional Safety‘ erfüllt, aber am Ende zählt nur die Verfügbarkeit der Systeme. (peb)

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