Wie Single Pair Ethernet die Industrie 4.0 beschleunigen kann

Passende Rahmenbedingungen

Als größte (technische) Herausforderungen der vierten industriellen Revolution bezeichnen Unternehmen heute fast einstimmig Themen wie Standardisierung, Verlässlichkeit komplexer (IT-)Systeme und die Beherrschung der steigenden Komplexität. Die Datenübertragung ist dabei nach wie vor ein Schwachpunkt, dessen Beseitigung für die Etablierung eines industriellen Internets der Dinge auf der Agenda ganz oben steht. Denn in den seltensten Fällen eignen sich existierende Industrial-Ethernet-Derivate flächendeckend für den Einsatz bis hin zu den Feldgeräten. All das kann sich jetzt ändern: Mit Single Pair Ethernet (SPE) hält derzeit ein neuer Standard in die Industriekommunikation Einzug, der nicht nur durch geringe Maße zu überzeugen weiß, sondern auch durch seine hervorragenden Übertragungseigenschaften.
 Die Igus-SPE-Leitung CFBUS.PUR.042 für die Energiekette verbindet Sensoren zuverlässig und unterstützt 
so die intelligente Industrieautomatisierung.
Die Igus-SPE-Leitung CFBUS.PUR.042 für die Energiekette verbindet Sensoren zuverlässig und unterstützt so die intelligente Industrieautomatisierung.Bild: Igus GmbH

Ethernet ist zurzeit das zur Datenübertragung meistgenutzte System. Für den Einsatz in der Feldebene ist es aber nur bedingt geeignet. Die Ursache: die räumlichen Verhältnisse für komplexe Businstallationen und die im Feld vorherrschenden Umgebungsparameter lassen klassische Industrial-Ethernet-Standards kaum zu. Bisher ist in der Konzeption einer neuen Fertigungslinie, bei Upgrades von Anlagen oder Retrofittings das Manufacturing Execution System (MES) das Zentrum, um die Parameter in der Feldebene zu monitoren und bei Bedarf einzugreifen. SPE als neue End-to-End-Verbindung kann das jetzt ändern und die Industrie einen großen Schritt in Richtung Industrie 4.0 bringen. Mit SPE kann sich ein Ethernet-Bus etablieren, der auf Themen wie Standardisierung oder Komplexität einzahlt und die Industrie verhältnismäßig einfach und schnell auf den hohen Vernetzungsgrad von Smart Factories vorbereiten kann.

 Die um 25 Prozent reduzierte Baugröße 
ermöglicht z.B. die Installation der SPE-Leitung in der Energiekette und eine 
sichere Übertragung von Datenraten 
zwischen 10MBit/s bis zu 1Gibt/s.
Die um 25 Prozent reduzierte Baugröße ermöglicht z.B. die Installation der SPE-Leitung in der Energiekette und eine sichere Übertragung von Datenraten zwischen 10MBit/s bis zu 1Gibt/s.Bild: Igus GmbH

Wenn es eng wird: SPE als moderne Datenleitung fürs Feld

Single Pair Ethernet ist eine Technologie, welche die Datenübertragung über nur ein Adernpaar realisiert. In klassischen industrial-Ethernet-Standards finden sich meist vier Adernpaare. Mit SPE lässt sich so die sichere Datenübertragung auch auf deutlich weniger Raum wie in der Feldebene umsetzen. In bestehende Kommunikationslandschaften der Unternehmen integrierbar, ist SPE damit eine passende Übertragungsmöglichkeit, mit der sich Kosten reduzieren lassen und parallel das technische Niveau heben lässt. Denn: Schnittstellen und Kopplungssysteme für verschiedene Datenleitungen vom Feld zur Leitebene können dank SPE entfallen. Das senkt die gesamten Kosten, reduziert die Fehleranfälligkeit und sichert die Prozesse. Wer heute Fertigungsanlagen in Richtung Smart Factory und die Einbindung in cyberphysische Systeme ausrüsten möchte, respektive bestehende Anlagen auf- oder umrüsten will, profitiert von der Hebelwirkung einer Investition in SPE: Die einfache Anschaffung und Installation und der unmittelbare Nutzen durch die schnell verfügbaren Daten haben einen großen Hebel.

Single Pair Ethernet: kleine Technologie ganz groß

Bereits aus der technischen Umsetzung und einem einzigen Adernpaar resultieren Vorteile: Zwar ist die Datenrate aufgrund der Bauform bzw. der Kabelstruktur reduziert, angesichts der Verhältnisse in der Feldebene spielen die etwas kürzeren Übertragungsentfernungen aber eine eher untergeordnete Rolle. Unabhängig ob fest oder beweglich installiert, profitiert die Fertigung vom niedrigen Gewicht und der reduzierten Baugröße einer solchen SPE-Busleitung. Auf dem Markt verfügbar sind SPE-Busleitungen aktuell in unterschiedlichen Ausführungen wie etwa als Chainflex-Leitung CFBUS.PUR.042, die Igus für den Einsatz in der Energiekette im Portfolio hat. Die um 25 Prozent reduzierte Baugröße ermöglicht beispielsweise die die unkomplizierte Installation in der Energiekette und eine sichere Übertragung von Datenraten zwischen 10MBit/s bis zu 1Gibt/s von der Energiekette zum übergeordneten System. Das hebt SPE nicht nur auf das Niveau einer Initiatorleitung, sondern macht sie zur kosteneffizienten und zukunftsfähigen Alternative zu klassisch seriellen Bussystemen, wie sie in Branchen wie Automotive, der Bahntechnik oder auch in der Robotik unzählige Male zum Einsatz kommen. Den Nachweis für die Leistungsfähigkeit erbringen Hersteller wie Igus über umfangreiche Tests. So wird beispielsweise die ölbeständige und flammwidrige CFBUS.PUR.042-Leitung in einem 3800m² großes Testlabor auf Funktionalität und Lebensdauer geprüft. Weiteres Plus: der Anwender erhält für seine online berechenbare SPE-Busleitung eine Garantie für 10 Millionen Doppelhübe und 36 Monate. Neben der deutlich reduzierten Größe, ist die passgenaue Konstruktion für die T1 Stecker-Schnittstelle Garant für eine zügige intuitive Installation. Daraus resultieren eine zuverlässige Übergabe des haltbaren Schirms und eine immens hohe elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Stichwort einpaarig-geschirmte Ethernet-Verkabelung: SPE-Busleitungen eignen sich aufgrund dieser Eigenschaften und der Fähigkeit einer schnellen, platzsparenden und kostengünstigen Implementierung auch für den Einsatz in der Gebäudeautomatisierung. Charakteristisch für die SPE-Technologie ist das genormte Steckgesicht, was sich in der Größe an etablierte Gehäuse wie M8 oder M12 anlehnt. Die symmetrische Konstruktion mindert Störeinflüsse oder Laufzeitunterschiede auf den Kontakten. Robuste metallische Verriegelungen mit PCB-Buchse und beispielsweise ein hochabriebfester, kerbzäher PUR-Mantel, wie er bei der Chainflex-Leitung zum Einsatz kommt, machen SPE zu einer zukunftsweisenden Technologie für den anspruchsvollen Einsatz in der Feldebene.

Knowhow sinnvoll bündeln: das SPE-Netzwerk

Um die neue SPE-Technologie weiter voranzutreiben und damit das Fundament für den weiteren Ausbau des IIoT zu stärken, gründeten jüngst einige Unternehmen das SPE Industrial Partner Network. In einem gleichberechtigten Zusammenschluss wollen die Firmen Kompetenzen bündeln und Anwendern vor allem Investitionssicherheit geben. Wertvolle Synergien entstehen unter anderem in einer Kooperation zwischen Igus und Harting. Beide Unternehmen arbeiten schon lange zusammen: Harting beliefert Igus mit Steckern für eine Vielzahl von Leitungen. Gemeinsam treiben die jetzt auch das Projekt SPE voran. Das Ziel: genormte und einheitliche Lösungen, die ihrerseits Grundstein sind, um das so genannte SPE-Eco-System weiter zu entwickeln, das Industriekunden künftig noch mehr passende Automatisierungslösungen bereitstellen soll. Da es sich bei SPE nicht um eine klassische neue Schnittstelle für Ethernet-Verbindungen handelt, sondern um eine neue Technologie für eine End-to-End-Verbindung sind verschiedene Normen für Schnittstellen, Leitungen und einen neuen Übertragungsstandard von Normengremien zu definieren. Harting hat hier den T1 Industrial Style in die Normung eingebracht hat.

Fazit

Industrie 4.0 und IIoT sind längst keine Buzzwords mehr. SPE-Busleitungen für den festen, aber auch für den beweglichen Einsatz an Feldgeräten stehen stellvertretend für die sukzessive Einführung verbesserter Übertragungsstandards, die Automatisierungslösungen in der industriellen Fertigung oder moderne Gebäudeleittechnik auf wettbewerbsfähiges Niveau heben helfen. Den Sensorherstellern bietet das Gewissheit und damit Sicherheit: Alle Informationen, die es in punkto Sensor, Mikroprozessor und vor allem Kommunikationseinheit für die Entwicklung smarter Sensorik braucht, sind jetzt vorhanden. Das ist Grundvoraussetzung, um neue Fähigkeiten wie Parametrierbarkeit und Diagnostizierbarkeit gewinnbringend nutzbar zu machen und smarte Sensoren und Aktoren zeitnah zu entwickeln und in die Fertigung einzubinden. In Summe steht der jetzt existierende neue Übertragungsstandard SPE damit stellvertretend für passende technisch funktionale Rahmenbedingungen, die die Markteinführung moderner komplexer Produkte beschleunigen. Über kurz oder lang gibt es mit Blick auf die Datenübertragung keine Argumente, die etablierte Sensorik nicht durch smarte zu ersetzen. Perspektivisch wird das auch die Hierarchie der klassischen Automatisierungspyramide nachhaltig verändern: Wo bisher das MES für die Prozessautomatisierung und die Führung, Lenkung, Steuerung und Kontrolle der Feldgeräte nötig war, werden diese durch SPE autonomer und können im Sinne einer Smart Factory agil und responsive agieren.

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge