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Interview über künstliche Intelligenz mit Peter Weckesser

Die KI-Strategie von Schneider Electric

Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt in der Industrie immer mehr an Bedeutung. Wie Schneider Electric das Thema angeht und wie das Unternehmen die Technologie einsetzt, erfuhr das SPS-MAGAZIN im Gespräch mit Chief Digital Officer Peter Weckesser.
Bild: Schneider Electric GmbH

Inwiefern beschäftigt sich Schneider Electric mit dem Thema künstliche Intelligenz?

Vor gut drei Jahren haben wir einen globalen AI-Hub gegründet. Mit dem Anspruch eines Center of Excellence analysieren wir weltweit mit über 350 Mitarbeitern an drei Standorten sowohl Schneider-interne als auch kundenorientierte KI Use Cases. Die Erfahrung kommt in letzter Konsequenz natürlich auch unseren Partnern und Kunden zu Gute. Aufgrund der vielen Anwendungsmöglichkeiten haben wir dann begonnen, zentralisiert die Machbarkeit und Sinnhaftigkeit der verschiedenen Use-Cases auf einer Technologieplattform zu erarbeiten. Dabei geht es letztlich immer um die Optimierung operativer Prozesse und dem damit in Verbindung stehenden ROI. Erst nach der Identifikation solcher Business-Cases beginnen wir mit der technischen Evaluierung in Bezug auf Machbarkeit und Verbesserungspotenzial, priorisieren diese und beginnen mit der Umsetzung. Die Realisierungsphase beginnt typischerweise mit dem Training der KI-Modelle, bzw. der neuronalen Netze. Die erste Applikation mit den ersten Testdaten gibt dann recht schnell Aufschluss darüber, ob das Ganze funktioniert. Am Ende dieser jeweiligen Phasen haben wir dann die entsprechenden Business-Cases nochmal überprüft und Projekte gegebenenfalls auch gestoppt, wenn sich diese einfach als nicht rentabel herausgestellt haben. Das war aber die Ausnahme.

Geht es dabei um analytische oder generative KI?

Sowohl als auch. Das hängt stark von der jeweiligen Anwendung ab. Für die Optimierung von strukturierten Prozessen, wie in einer Fertigung, ist Analytical-AI der zielführende Weg. Wenn es hingegen um die Generierung von Content geht, kommt generative AI zum Tragen.

Können Sie dafür ein Beispiel geben?

Analytische KI bietet einige Vorteile bei der Verarbeitung von vorhandenen, strukturierten und wiederkehrenden Daten – beispielsweise Werte von Temperatursensoren oder aber regelmäßige Durchflussmessungen in der Prozessindustrie. Diese KI kommt z.B. bei einer optischen Fehlererkennung oder der Analyse der Temperaturverteilung einer Leiterplatte schon alleine aufgrund der großen Datenmenge schneller zu einem zielführenden Ergebnis, als ein klassisches analytisches Verfahren. Auch in der Finanzwelt macht eine analytische KI mit entsprechenden Algorithmen auf Basis existierender Daten oft bessere Prognosen, als die meisten Experten.

Und wie sieht es mit generativer KI aus?

Sie erstellt aus überwiegend unstrukturierten Daten neuen Content und ist in der Lage die neuronalen Netze, auf denen die klassische KI basiert, zu trainieren, die Informationen in neue Daten zu interpolieren und daraus Schlüsse zu ziehen. Bei generativer KI kommen in erster Linie Themen im Contentumfeld zum Tragen. So können beispielsweise komplexe Serviceanfragen bereits im Firstlevel-Support automatisiert und sehr treffgenau beantwortet werden. Es liegt auf der Hand, dass dieser Ansatz oft bessere Ergebnisse liefert, als ein deterministisches Verfahren, bei welchem Werte eindeutig vorherbestimmt sind. Generell muss aber klar gesagt werden, dass Ergebnisse der generativen KI sehr stark von der Qualität der Daten abhängen, mit denen diese KI gefüttert wird.

Wie gut müssen die Daten sein?

Der generativen KI stehen erst einmal alle Internetinformationen zur Verfügung, mit allen Effekten, die das hat. Deswegen sind z.B. bei ChatGPT eben nicht alle Antworten korrekt oder sie erfindet Antworten. Deshalb sind Experten gefragt, welche die Daten richtig auswählen müssen. Selbst wenn man meint, man wählt die Daten richtig aus, muss man sehr vorsichtig sein, dass alle Dimensionen berücksichtigt wurden. Schließlich trifft die KI ihre Entscheidungen in einer nicht deterministischen Weise auf Basis der Daten, mit der sie trainiert wurde.

In einem normalen KI-Projekt ist jedoch nicht nur das Training eine Herausforderung, sondern auch die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Daten und deren Integration. Deshalb werden wir weiter auf der einen Seite massiv investieren müssen, um zunächst unsere eigenen Datenplattformen zu integrieren. Auf diesem Weg fußt das Ergebnis auf einer qualitativ hochwertigen Basis und darüber hinaus gibt es keine potenziellen Konflikte hinsichtlich Urheberrechten. Auf der anderen Seite spielt die Integration der Daten eine extrem große Rolle. Denn nur ein smartes Data-Pipelining ist Garant für die unkomplizierte, schnelle und flexible Erreichbarkeit der Daten in Bezug auf die jeweiligen Prozesse.

Wie nutzt Schneider Electric die KI-Technologie?

In allen Dimensionen. Wir nutzen sie intern für die Verbesserung unserer Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe, aber auch unsere Produkte erhalten immer mehr KI-Funktionen. So haben wir z.B. auf der Hannover Messe mit Microsoft einen Codegenerator für SPSen auf Basis von Generative AI vorgestellt. Zudem ist die Scada-Plattform von Aveva in der Lage, den Trend von einem Energiedatensatz über die letzten drei Jahre anzuzeigen und daraus mit Hilfe von KI einen Chart zu generieren. Außerdem rüsten wir unsere Edge-Produkte stark mit generativen KI-Funktionen aus, um Analysen zu optimieren.

Wo sehen Sie noch Anwendungsfelder?

Vor allem im Bereich der Energietransformation. Durch die dezentrale regenerative Energieerzeugung wird jedes Gebäude, jedes Haus aber natürlich auch jede industrielle Anlage zu einem Microgrid werden. Und jedes dieser Microgrids wird einen Energiecontroller haben, welcher die Energieflüsse innerhalb des Gebäudes oder der Anlage steuert.

Wenn diese Microgrids irgendwann einmal alle mit dem Utility-Grid, also dem öffentlichen Netz zusammenarbeiten, um die permanente Energieversorgung hoch verfügbar, stabil und zudem möglichst effizient zu gestalten, lässt sich diese Aufgabe nicht deterministisch lösen. Hier ist Analytical-KI gefragt, um schnell und vorausschauend zu erkennen, wo wieviel Energie erzeugt sowie verbraucht wird und, wie sie am besten von A nach B transportiert wird.

In ersten Ansätzen haben wir das bereits in der Lösung Home Energy Management System, kurz Hems umgesetzt. Deren Herzstück ist das Energiemanagement-Gateway, welches die Integration sowie die automatisierte Steuerung erneuerbarer Energiequellen regelt, und somit eine nachhaltigere Energieversorgung ermöglicht. Wenn diese Controller alle miteinander interagieren können, wird es mit Optimierungsalgorithmen möglich sein, Vorhersagen zu machen, wann wie viel Energie aus dem Grid benötigt wird, um z.B. das Auto zu laden oder energieintensive Verbraucher zu betreiben, oder wann wie viel Energie zurückgespeist werden wird. Das würde die Netzbelastung stark reduzieren, sowie es langfristig in der Fläche ermöglichen, dezentrale regenerative Grids einfach und hochskalierbar zu integrieren. Exakt das ist der Weg zur autarken Energieversorgung unter Vermeidung jedweder fossiler Brennstoffe.

Also wird die Bedeutung der KI weiter zunehmen?

Absolut! Ich bin der Überzeugung, dass sie sich rasant weiterentwickeln und einen sehr disruptiven Einfluss haben wird. Die KI steht erst am Anfang ihrer Erfolgsgeschichte und sie wird unser Leben genauso beeinflussen und prägen, wie das Internet vor dreißig Jahren. Dafür sprechen vor allem zwei Gründe. Zum einen ist die Computer Performance inzwischen zu attraktiven Kosten verfügbar, sodass auch komplexe AI Use-Cases zu einem vertretbaren Preis adressiert werden können. Zum anderen wird Nvidia nicht der einzige Anbieter von GPUs bleiben. Der größere Wettbewerb wird die Technologie weiter vorantreiben und die Preise weiter senken.

Zudem müssen wir uns darüber bewusst sein, dass die KI in Verbindung mit der Digitalisierung und Automatisierung zu den Technologien gehört, welche uns es auch zukünftig erlauben werden, auch in höherpreisigen Standorten wie der DACH-Region weiter wettbewerbsfähig produzieren zu können. Insofern wird sie maßgeblich mit über die Zukunft unseres Standortes bestimmen.

Das Interview führte Chefredakteur Frank Nolte

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