Predictive Maintenance in der Designphase mittels Körperschallanalyse

Ruhe bitte!

Für Unternehmen, die mechatronische Produkte hinsichtlich ihrer Schwingungseigenschaften und Geräuschemissionen optimieren wollen, bietet die Körperschallanalyse sowohl in der Designphase als auch am Ende der Produktionskette einen praktikablen Lösungsansatz.

Kopfstützen, Lenkräder, Medizintechnik am Intensivbett, Mobiltelefone – sie alle haben eines gemein: sie werden zunehmend mit sogenannten Aktuatoren zur Bewegungsregelung ausgestattet. Dementsprechend streng sind die Anforderungen an deren Geräuschemissionen. Was nicht jeder weiß: diese werden nicht nur als störend empfunden, ihre Ursache kann auch die Lebensdauer der Bauteile verkürzen. Daher ist es von Vorteil, Ausreißer und andere Auffälligkeiten bereits in der Designphase – und spätestens am Prüfstand – aufzudecken, denn Produkte, deren Betriebsgeräusche als zu laut oder störend wahrgenommen werden, finden keine Akzeptanz beim Konsumenten. Besonders gilt dies für geräuschsensible Umgebungen wie ein Fahrzeuginnenraum, am Arbeitsplatz oder am Krankenbett. So sollte eine Infusionspumpe möglichst geräuschlos ihren Job machen. Die Ursachen der Geräuschentwicklung liegen bei mechatronischen Systemen oftmals in Schwingungen der Antriebs- und Kraftübertragungskomponenten, die sich in die mechanische Struktur des Produktes übertragen und in letzter Konsequenz unerwünschte Geräuschentwicklungen mit sich bringen. In vielen Fällen wird dies erst spät im Produktentwicklungsprozess entdeckt, sodass allenfalls noch mit nachträglichen Maßnahmen, z.B. zur Dämpfung der Kontaktierung, gegengesteuert werden kann. Viel weiter vorn in der Wertschöpfungskette setzt dagegen ein Lösungsansatz an, der darauf abzielt, die Eigenschaften mechatronischer Systeme bereits in der Produktentwicklungsphase auf ihre Geräuschemissionen und ihre Lebensdauer hin zu optimieren.

Geräuschemissionen minimieren

Während Predictive Maintenance darauf ausgelegt ist, eventuelle Schwachstellen und Ausfälle mechatronischer Systeme, die bereits im Einsatz sind, möglichst frühzeitig aufzudecken, will die Körperschallanalyse dazu beitragen, Produkte bereits im Verlauf der Designphase zu optimieren. Dies geschieht durch eine gezielte Analyse des Schwingungsverhaltens relevanter Systemkomponenten. Auf diese Weise können Ursachen, die ungewollte Geräuschemissionen verursachen, schnell identifiziert werden. So hat der Konstrukteur die Möglichkeit, die nötigen Änderungen bzw. die Optimierung des mechatronischen Designs im Hinblick auf seine Schwingungseigenschaften noch am Prototypen vorzunehmen – lange bevor das Produkt in Serie geht. Eine Vorgehensweise, die deutlich kostengünstiger ist, als eine Änderung in der laufenden Produktion. Geräuschemissionen werden also von Anfang an minimiert und so oft auch die Produktlebensdauer verlängert.

Bewertung akustischer Eigenschaften

Basis des Ansatzes ist die Bewertung des Schwingungsverhaltens von Subkomponenten sowie des gesamten Systems im Labor. Dabei werden Körperschallsignaturen erfasst und mit dem per Luftschallmessung ermittelten Geräuschpegel in Relation gesetzt. Analysiert man in der Folge das mechanische Schwingungsverhalten einzelner Produkte oder von Produktvarianten mittels Körperschallanalyse, lässt sich auf dieser Basis relativ gut feststellen, ob die gewünschten akustischen Eigenschaften eingehalten werden oder ob eine Stelle im Bauteil akustisch ungünstige Auffälligkeiten aufweist. Systemtechnik Leber setzt zur Erfassung der Schwingungen unter anderem ein Laservibrometer von Polytec ein, welches die Schwingungen an jeder einzelnen Stelle des untersuchten Systems genau erfasst. Die Messwerte werden anschließend über Messumformer an eine Auswertungssoftware von Saab Medav Technologies weitergeleitet.

Ausschussrate von 7 auf 1 Prozent gesenkt

Der Einsatz der Körperschallanalyse lohnt jedoch nicht nur in der Phase der Produktentwicklung. Auch in der Produktion macht ihr Einsatz Sinn. So lassen sich beispielsweise an einem End-of-line-Prüfstand mittels Körperschallanalyse schnell und zuverlässig Produkte als NIO (nicht in Ordnung) aussortieren – z.B. wegen Signaturen, die auf einen Produktionsfehler hinweisen, die wiederum zu hohe Geräuschemissionen nach sich ziehen. Dies kommt in der Praxis häufiger vor, als vielen Produktionsleitern lieb ist. Denn bereits kleinste, produktionsbedingte Unebenheiten in der Oberfläche von Antriebskomponenten können zu einem Überschreiten der geforderten Dezibel-Grenzwerte und zur Einordnung des Endprodukts als NIO führen. Im konkreten Praxisbeispiel waren am End-of-line-Prüfstand vermehrt Aktuatoren durchgefallen. Die genauere Untersuchung ergab, dass die am Motor befindliche Schnecke Grund für die zu hohen Schwingungen war. Beim Betrachten der Produkte fiel auf, dass die Schnecken der NIO-Produkte auf der Oberfläche eine minimale Unebenheit aufwiesen – was bei den Schnecken der I/O-Produkte nicht der Fall war. Diese Unebenheit löste also die verstärkten Schwingungen aus, die dann auch schlussendlich hörbar waren. Folgerichtig wurde der Prozess der Schnecken-Produktion unter die Lupe genommen und so verbessert, dass die Bildung der Unebenheiten abgestellt wurde. Das Ergebnis: eine Senkung der Ausschussrate von sieben auf ein Prozent.

Systemtechnik LEBER GmbH & Co. KG

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