In einem Industrieprozess muss bei Störungen oder gefährlichen Zuständen die Maschine schnell und zuverlässig in einen sicheren Zustand überführt, das heißt meist gestoppt werden. Nach dem Stopp darf sie nicht unerwartet wieder anlaufen. Entsprechend der Applikation und der Arbeitsabläufe kann es auch notwendig sein, die Maschine zeitweise sicher mit geringerer Geschwindigkeit zu betreiben oder die Drehzahl sicher zu überwachen. Die Maschinenbauer und Systemintegratoren sind verpflichtet, für die Sicherheit der von ihnen konstruierten und gelieferten Maschinen Sorge zu tragen. Die antriebsbasierte funktionale Sicherheit hilft hier, Sicherheitsrisiken deutlich zu verringern.
Maschinensicherheit betrifft fast alle Branchen und Anwendungen
Die Reduzierung jeglicher Sicherheitsrisiken ist für den gesamten Lebenszyklus einer Maschine oder Anlage unabdingbar und das Thema Maschinensicherheit betrifft fast alle Branchen und Anwendungen. ABB verfügt als Anbieter im Bereich der Maschinensicherheit über mehrere Baureihen von Niederspannungs-Frequenzumrichtern, die entweder mit einer standardmäßigen oder optionalen, integrierten Sicherheitsfunktionalität ausgestattet sind. Bei antriebsnahen Sicherheitsfunktionen, wie der sicheren Drehmomentabschaltung (STO), macht es Sinn, sie in den Frequenzumrichter zu integrieren. Alle ABB-Frequenzumrichter der all-compatible Plattform verfügen standardmäßig über diese Sicherheitsfunktion, die den Antrieb sicher in einen drehmomentfreien Zustand überführt beziehungsweise einen unerwarteten Anlauf verhindert. Die Sicherheitsfunktionen sind vordefiniert und geprüft, die Einstellung erfolgt einfach über Parametrierung. Bei verteilten Anlagen kann man dadurch zwar nicht auf eine übergeordnete Steuerungen verzichten, Funktionen lassen sich aber übersichtlicher strukturieren. Dieser Ansatz entlastet auch die Buskommunikation und zeitkritische Funktionen sind im Frequenzumrichter einfacher zu handhaben. Bei Einzelantrieben kann oft sogar auf eine übergeordnete Steuerung verzichtet werden.
Erweiterte Sicherheitsfunktionen
Bei Bedarf kann die STO-Funktion der ABB-Umrichter mit weiteren Sicherheitsfunktionen kombiniert werden. Das Konzept der umfassenden integrierten Sicherheit ermöglicht ABB mit optionalen, TÜV-zertifizierten Sicherheitsfunktionsmodulen wie das FSO-12, FSO-21 oder FSPS-21. Die meisten Sicherheitsfunktionen erreichen auch ohne Geberrückführung vom Motor hohe Sicherheitsstufen bis SIL3 und PLe. Das Sicherheitsfunktionsmodul FSPS-21 ermöglicht neben den Sicherheitsfunktionen STO und Sicherer Stopp 1 (SS1) auch gleichzeitig die Kommunikation über Profisafe. Mit dem Design-Tool FSDT-01 für funktionale Sicherheit unterstützt der Anbieter die Konstrukteure zusätzlich bei der Auslegung und Überprüfung der funktionalen Sicherheit von Maschinen. Das Tool berechnet den erforderlichen, geplanten und erreichten Safety Integrity Level bzw. den Performance Level. Der gesamte Prozess des Sicherheitsdesigns wird damit vereinfacht und beschleunigt.
Funktionale Sicherheit in der Praxis
Ein Beispiel zeigt, wie mit einer Sicherheitseinrichtung von ABB die funktionale Sicherheit in der Praxis realisiert werden kann. Im Werk Uelzen der Firma Nordzucker regeln Frequenzumrichter vom Typ ACS880 periodisch laufende Zentrifugen. Der Schutz durch die standardmäßige Sicherheitsfunktion STO reicht bei Anwendungen wie großen Zuckerzentrifugen allerdings nicht aus. In einem gefährlichen Zustand und Aktivierung der STO-Funktion, dreht die Zentrifuge aufgrund ihres hohen Trägheitsmoments lange weiter. Den hohen Sicherheitsanforderungen der Berufsgenossenschaft beim Betrieb solcher Maschinen werden die Umrichter durch das Sicherheitsfunktionsmodul FSO-12 gerecht, das auch einen sicheren Notstopp erlaubt und die Maschine schnell zum Stillstand bringt. n @Überschrift_FA_links:“Die Vorteile liegen auf der Hand“ @Abstract:Antriebsintegrierte Sicherheitsfunktionen setzen sich auf dem Markt immer stärker durch. Für welche Anwendungen reichen diese aus und wann ist doch eine übergeordnete Sicherheitssteuerung erforderlich? Das SPS-MAGAZIN hat bei Fred Donabauer, Leiter Produktmanagement Frequenzumrichter & SPS bei ABB Automation Products, nachgefragt.
STO hat sich auf dem Markt fast schon zu einer Standard-Antriebs-Funktionalität entwickelt. In welchen Fällen und Bereichen reicht dieses Safety-Feature aus?
Fred Donabauer: STO als sicher abgeschaltetes Drehmoment bildet die Grundlage für die integrierte, antriebsbasierte funktionale Sicherheit. Diese Funktion bringt die Antriebe sicher in einen drehmomentfreien Zustand bzw. verhindert ein unerwartetes Anlaufen. Sie wird mittlerweile auch bei weniger komplexen Anwendungen wie Pumpen und Lüfter verwendet. Im Maschinenbau ist STO heute in der Tat eine Standardanforderung. Auf Schütze, mit denen der Motor früher im Notfall angehalten bzw. am Anlaufen gehindert wurde, kann durch STO verzichtet werden. Das spart Zeit und Kosten. Weil der Frequenzumrichter bei Aktivierung der Safety-Funktion nicht vom Netz getrennt wird, ist ein schneller Wiederanlauf des Antriebs und der Maschine möglich.
Bei welchen Applikationen bzw. Anforderungen kommt das Safety-Modul FSO-12 an Grenzen? Welche Möglichkeiten bieten sich dem Anwender dann im Rahmen des ABB-Automatisierungsportfolios?
Donabauer: In dem Sicherheitsfunktionsmodul FSO-12 sind die meist verwendeten antriebsnahen Sicherheitsfunktionen integriert. So können wir damit die üblichen Anforderungen im Maschinen- und Anlagenbau abdecken. Sollten Sicherheitsfunktionen mehrerer koordinierter Antriebe oder sogar Maschinen notwendig sein, lässt sich das über die übergeordnete Sicherheits-SPS AC500-S realisieren. Übrigens: Das FSO-12 Modul ermöglicht die Funktionen sicherer Stopp 1 (SS1), sicherer Notstopp (SSE), sichere Bremsenansteuerung (SBC), sicher begrenzte Drehzahl (SLS), sichere maximale Drehzahl (SMS) und die Verhinderung des unerwarteten Anlaufs (POUS). Sollten zusätzlich die Sicherheitsfunktionen sichere Drehrichtung (SDI) und sichere Drehzahlüberwachung (SSM) gebraucht werden, hat ABB das Sicherheitsfunktionsmodul FSO-21 im Programm. Für die sichere Geberrückführung kommt das sichere Inkrementalgeber-Schnittstellenmodul FSE-31 zum Einsatz. Soll die Kommunikation über Profisafe realisiert werden, steht das Modul FSPS-21 zur Verfügung.
Warum wandert die Sicherheitsfunktionalität aus der SPS überhaupt in die Antriebe ab?
Donabauer: Vor einigen Jahren erforderte die Sicherheit in Automatisierungssystemen noch zahlreiche externe Zusatzgeräte oder Sicherheitsteuerungen. Mit der zunehmenden Komplexität und Modularität der Industrieautomatisierung wurde die antriebsbasierte funktionale Sicherheit zu einem wichtigen Teil des gesamten Sicherheitskonzepts von Maschinen und Industrieprozessen. Mit der integrierten Sicherheit werden die antriebsnahen Sicherheitsfunktionen direkt im Frequenzumrichter realisiert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Auf externe, diskret verdrahtete Sicherheitseinrichtungen kann dadurch meist verzichtet werden, die Sicherheitssteuerung wird entlastet und kann kleiner dimensioniert werden. Der Engineering-Aufwand ist deutlich geringer, die Flexibilität viel größer, aber dennoch sorgen die vorprogrammierten Sicherheitsfunktionen für eine einfache Inbetriebnahme.