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Baukasten für funktionale Sicherheit von Neuron Automation

Einfach, schneller und zukunftssicherer

Funktionale Sicherheit ist eine zentrale Aufgabe in der Entwicklung von Automatisierungsanwendungen, da sie der wesentliche Baustein zum Schutz von Mensch, Maschine und Umwelt ist. In einer sich stark verändernden Welt entwickelt sich auch das Thema Safety permanent weiter - Cyber Security, Multicore-Anwendungen und KI lassen grüßen. Das SPS-MAGAZIN hat darüber mit zwei Safety-Experten gesprochen: Axel Helmerth und Robert Mühlfellner, beide CTOs für Functional Safety & Embedded bzw. Engineering Tools & Runtimes bei Neuron Automation, erläutern die Trends und Herausforderungen im Bereich Functional Safety und wie man als Komponentenhersteller schneller zu einer zukunftssicheren Lösung kommt. Dabei geht es auch über die Bedeutung des Fachkräftemangels und welche Rolle künstliche Intelligenz in Zukunft übernehmen kann.
Bild: Neuron GmbH

Intelligente funktionale Sicherheit

„Die Trends im Bereich funktionaler Sicherheit hängen direkt mit den Trends im Maschinen- und Anlagenbau zusammen: Maschinen werden immer komplexer, die Produktion flexibilisiert sich und diese Flexibilisierung benötigt höhere Automatisierungsgrade“, erläutert Robert Mühlfellner die gegenwärtige Situation. Flexibilisierung bedeute ein Mehr an intelligenter Sensorik und Aktorik, zudem komme auch noch das Thema der Nachhaltigkeit dazu, denn dafür benötige man eine erhöhte Maschinenverfügbarkeit, um effizient produzieren zu können und Sicherheit für Menschen und die Umwelt zu gewährleisten. Ein Trend ist damit klar: In flexiblen Umgebungen darf die Sicherheitskomponente nicht zum Hemmschuh werden. „Damit braucht man intelligentere Sicherheitssysteme und auch ein gutes Zusammenspiel zwischen der funktionalen Sicherheit und der Standard-Steuerungstechnik.“

Cyber Security und künstliche Intelligenz

Axel Helmerth ergänzt zwei weitere Entwicklungen im Safety-Umfeld und unterstreicht damit die großen Herausforderungen an die Safety-Branche: „Mit der neuen Maschinenverordnung, dem Cyber Security Act und dem Eingang des KI-Themas in die Maschinenverordnung sowie im Anhang zur ISO12100 haben wir zwei weitere Themen, die uns in den nächsten Jahren noch einiges an Entwicklerqualität abverlangen werden, um das in einer sinnvollen Art und Weise miteinander zu verheiraten.“

Von der Komponente zur intelligenten Safety

Damit Maschinen- und Anlagenbauer ihre Ziele hinsichtlich Modularität und Flexibilität aber auch hinsichtlich Nachhaltigkeit und Security erreichen können, müssen Systeme also intelligenter werden. „Gleichzeitig ist die Forderung“, so Mühlfellner, „dass es für den User einfach in der Anwendung bleiben muss. Man will mehr konfigurieren und weniger programmieren.“ Hierbei spiele der Komfort und die einfache Handhabung der Engineering Tools eine zentrale Rolle. Und natürlich deren Offenheit für den Datenaustausch mit anderen Systemen. Dies sei auch deshalb wichtig, da den wachsenden Anforderungen im Safety-Bereich immer weniger Fachkräfte gegenüberstehen. Dieser Fachkräftemangel herrsche im Übrigen nicht nur auf Seiten der Anwender, sondern auch auf Seiten der Geräte- und Systemhersteller, wie Axel Helmerth betont. Und er weist darauf hin, dass das insofern herausfordernd ist, weil die seit 2023 geltende neue Maschinenverordnung ab 2027 umfangreiche Maßnahmen hinsichtlich der Integration von Security in Safety-Komponenten notwendig mache (z.B. die Spezifikation eines Security-Levels).

Bild: Neuron GmbH

Schneller zur zertifizierten Safety-Komponente

Um den sich ständig ändernden und vor allem größer werdenden Anforderungen im Safety-Bereich Rechnung zu tragen hat Neuron Automation für Safety-Komponentenhersteller einen zertifizierten Baukasten zur Entwicklung von Safety-Geräten geschaffen. Mühlfellner erklärt dazu: „Der Baukasten ist ursprünglich aus unseren internen Entwicklungsprojekten entstanden in denen man immer wieder viele Gleichanteile hatte.“ Heute hilft der Baukasten auch anderen Unternehmen schneller zur zertifizierten Lösung zu kommen, dabei die Kosten zu senken, den Funktionsumfang sowie die Zuverlässigkeit sicherheitskritischer Anwendungen zu erhöhen und dabei auch technisch auf der Höhe der Zeit zu bleiben.

Was ist drin im Baukasten?

Der Baukasten besteht aus einer Auswahl von Hardware-Komponenten, Firmware-Bausteinen, Entwicklungsumgebungen mit Testumgebung sowie Schulung und Beratung. Mühlfellner zur Hardware: „Das fängt an bei einer einkanaligen Hardware für SIL2-Anwendungen beispielsweise im Bereich der mobilen Automatisierung. Eine kosteneffiziente zweikanalige Hardware ermöglicht z.B. die Entwicklung kleinerer SIL3-Sensoren. Eine Kompaktlösung eignet sich beispielsweise für einen sicheren Antrieb oder eine kleine Safety-SPS und schließlich eine Hardware-Stufe darüber enthält unser Baukasten ein System mit dem man größere Safety-Steuerungen bauen kann, oder einen Central Safety Controller für einen Cobot oder ähnliches.“

Firmware und Engineering

Oberhalb der Hardware liegt ein Grundfirmwaresystem mit modularen Firmware-Erweiterungen, beispielsweise einem FSoE Host/Device Stack, einer Floating Point Library, einer Testlibrary sowie einer Safety-Motion-Bibliothek. „Und das ergänzen wir dann auch noch um das Entwicklungswerkzeug, mit dem ich mir als Gerätehersteller eine sichere Applikation erstellen kann. Wenn es um eine programmierbare Sicherheitskomponente geht, wird diese auch von den Maschinenbauern verwendet“, erklärt Mühlfellner. Die Programmierung erfolgt hier wahlweise klassisch in den IEC61131-3-Sprachen oder in C. „Was wir zukünftig noch mitbringen wollen, ist die vereinfachte grafische Programmierung. Das ist zwar nicht mehr im IEC61131-3-Standard aber dafür noch mal stark vereinfacht, um auch den typischen Safety-Ingenieuren, die keine Softwareentwickler sind, ein Werkzeug an die Hand zu geben, mit dem man Applikationen einfach durch Verknüpfen von vorkonfigurierten Blöcken mit Parameter-Templates erstellen kann“, so Mühlfellner.

Testsystem

Auch das Testen der entwickelten Software unterstützt Neuron Automation bereits aus seinem Baukasten. Mühlfellner dazu: „Wir haben ein Testframework integriert, mit dem man Unit-Tests durchführen kann. Darin enthalten ist ein von uns bereits vordefiniertes Regelwerk zur statischen Code-Analyse, das kundenspezifisch erweitert werden kann. Im Baukasten ist auch der Standardumfang der PLC Open-Safety-Funktionen enthalten.“

Bild: Neuron GmbH

Beratung und Service

Neuron Automation bietet seinen Kunden umfassende Unterstützung bei der Implementierung des Baukastensystems. Dazu gehören Schulungen, Co-Entwicklungsprojekte und Beratungsdienstleistungen. So laufen derzeit verschiedene Projekte mit strategischen Partnern im Bereich Safety-PLC.

Auf der Roadmap

Weitere spannende Themen hat die Neuron Automation bereits angekündigt bzw. auf der Roadmap. Dazu gehört beispielsweise das Thema Multitasking für Safety-Anwendungen aber auch eine Ein-Prozessor-Lösung (mit Watchdog) für SIL3-Anwendungen, wie Axel Helmerth erläutert. Das würde deutlich kompaktere Geräte mit geringerem Leistungsbedarf (und weniger Abwärme) ermöglichen. Geforscht wird darüber hinaus an Safety-Lösungen, die nahezu Hardwareunabhängig laufen, bzw. hochportierbar sind. Auch im Bereich KI arbeitet das Unternehmen beispielsweise im Rahmen eines Forschungsprojektes und bei der Generierung von Tests.

Fazit

Die Neuron Automation stellt mit ihrem modularen Baukastensystem einen flexiblen Ansatz zur Entwicklung funktionaler Sicherheitskomponenten und -Systeme bereit. Das System zielt darauf ab, die Entwicklungszeit zu verkürzen, die Kosten zu senken und die Zuverlässigkeit sicherheitskritischer Anwendungen zu erhöhen. Gleichzeitig ist er ein guter Weg, den wachsenden Anforderungen der Branche gerecht zu werden und neue Technologien zu integrieren.

Bild: Neuron GmbH

4 Fragen an:

Michael Plankensteiner, CEO Neuron Automation

Was treibt dich und Neuron Automation an?

Du meinst, was macht eigentlich so eine Firma wie unsere aus? Ich glaube, egal ob Elektronik oder reine Software, eigentlich gibt es nur eine große Motivation für Ingenieure: Wir haben Spaß an Innovation und coolen Lösungen für unsere Kunden.

Was ist Eure ‚Coole Lösung‘?

Wir wollen funktionale Sicherheit revolutionieren. Derzeit ist der Weg zur Safety-Lösung oft mit großen Mühen verbunden, es dauert lang, es ist teuer, es ist komplex und der Ausgang ist nicht vorherzusagen. Das geht manchmal so weit, dass die Softwareentwickler so viele Tests machen müssen, dass sie sagen, wenn die Arbeit nicht bald wieder interessanter wird, dann kündige ich. Gleichzeitig steigt die Nachfrage so massiv, dass nicht einmal der TÜV genug Zeit hat, alle Projekte zeitgerecht zu bearbeiten. Wie komme ich da raus? Indem ich funktionale Sicherheit zu einer Commodity mache. Aber nicht zu einer langweiligen Commodity, sondern nach dem Smart Neuron Way zu einer Technologie, die effizient, flexibel, investitionssicher und innovativ ist.

Wie wollt ihr dieses Ziel erreichen?

Unser Ansatz dazu nennt sich ‚Our Core – Your Choice‘. Wir haben einen Baukasten und wir haben Dienstleistungen dazu. Du suchst dir aus, was du von uns haben willst. Also Komplettlösung fertig produziert oder nur IP-Entwicklung oder irgendwas dazwischen. Oder du entwickelst alles selbst und kaufst von uns nur das Firmware-Paket. Oder du kaufst nur die Runtime, das ist deine Entscheidung. Ein ganz wichtiger Punkt dabei ist, dass wir mit unserem System die harte Kopplung von Hardware und Applikation (und zwischen Firmware und Controller) auflösen. Das bringt viele wichtige Vorteile gegenüber anderen Lösungen.

Was habt ihr noch auf der Roadmap?

Mit unserem System ist es heute schon möglich, eine Hardware zu nehmen, die muss zweikanalig sein für SIL3, unseren Firmware-Baukasten drauf zu packen, das dann kundenspezifisch anzupassen, die Runtime zu integrieren, und das dann beim TÜV zu zertifizieren. Die Applikation kannst du später darauf packen. Das ist schon ein großer Schritt vorwärts, aber das war erst der erste. Der nächste große Schritt ist, dass unsere Hardware-Basis eine ‚Ein Controller-Architektur‘ wird. Das heißt, auch für SIL3 brauche ich dann nicht zwei Controller, sondern nur einen. Damit wird die Hardware günstiger. Und der Schritt danach ist, dass wir eine Lösung bieten, mit deren Hilfe du mit einem reinen Softwareansatz SIL3 erreichen kannst. Aber auch auf anderen Ebenen schaffen wir Erleichterung: Der Test ist heute definitiv ein Thema, das überall unterbesetzt ist. Die Testanforderungen steigen massiv und exponentiell. Da wird es mehr und mehr Unterstützung, aber vor allem auch Automatisierung brauchen. Und da wird KI eine massive Rolle spielen. Deswegen sind wir jetzt in einem Forschungsprojekt in Österreich, in dem wir uns damit beschäftigen, wie KI unter anderem oder insbesondere im Bereich der Tests innerhalb von funktionaler Sicherheit massive Effizienzsteigerungen erweitern kann. Das sind nur ein paar kleine Einblicke, aber am Ende geht es immer darum, ‚Functional Safety Works‘. Einfach schneller, günstiger. Und dafür coole Lösungen zu entwickeln, das treibt uns an.

Bild: Neuron GmbH

Schneller ans Ziel

„Es ist natürlich ein großer Unterschied, ob ich auf der grünen Wiese anfange und mir das notwendige Wissen zur Hard- und Softwareentwicklung, inklusive dem Gang zur Prüfstelle, von Grund auf aneignen muss, oder ob ich auf einem Level aufsetze, bei dem ich anhand von vorgefertigten Tools, Integration Guides starten kann, möglicherweise mit einer zwei- oder dreitätigen Startup-Schulung von uns.“ Der Baukasten von Neuron Automation macht die Entwicklung für Komponentenhersteller aber nicht nur einfacher sondern vor allem schneller. Helmerth nennt Beispiele, in denen mit Hilfe des Baukastens von Neuron Automation eine sonst übliche Entwicklungszeit im Bereich Safety Motion von üblichen drei Jahren auf ein Jahr beschleunigt wurde.

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