Ob in Fabriken, Abfertigungshallen oder Versand- und Verteilzentren – in vielen Unternehmen herrscht ein reger interner Warenverkehr. Materialien müssen zur richtigen Zeit und am richtigen Ort sein, damit die Produktion nicht stillsteht, Versandware sollte jederzeit zur Verfügung stehen, damit Kunden ihre Bestellung schnell bekommen. Und diese innerbetrieblichen Warenbewegungen nehmen durch die wachsende Verzweigung arbeitsteiliger Prozesse stetig zu. Trotz der gestiegenen Anforderungen steht die Wirtschaftlichkeit natürlich weiterhin an erster Stelle. Ausgeklügelte Software hilft Logistikern zwar, diese Komplexität zu meistern, am Ende zählt jedoch die physische Verfügbarkeit, also auch ein passendes Lagersystem. In der Intralogistik gibt es dafür je nach Anforderung unterschiedlichste Lösungen. Sollen mehrere Paletten einer Ware sortenrein, übersichtlich und auf kleinem Raum gelagert werden und spielt zudem permanente Verfügbarkeit eine wichtige Rolle, eignet sich oftmals ein Palettendurchlaufregal am besten. Bito Lagertechnik hat dafür gemeinsam mit EBM-Papst ein neuartiges Regalsystem entwickelt. Beim Proflow active geben Antriebsrollen den Paletten gezielte Anschubhilfe – und bremsen sie, wenn nötig, ab.
Weg von der schiefen Bahn
Normalerweise werden für die Bewegung der Paletten in der Regel auch natürliche Kräfte zu Hilfe genommen. So werden sie in Durchlaufregalen üblicherweise durch die Schwerkraft angetrieben. Sie rollen über eine um vier Prozent geneigte, schiefe Bahn von der Beschickungs- zur Entnahmeseite. Eine bewährte Technik, die in einigen Bereichen aber an ihre Grenzen stößt. Denn je nachdem, welche Ladungsträger sich in den Kanälen bewegen, kann es zu Schwierigkeiten kommen: Die Paletten laufen nicht an oder bleiben einfach stehen. Das senkt die Verfügbarkeit der Ware. Zudem rollen neu beschickte Paletten im Kanal ungebremst auf die stehenden auf. Der dabei hervorgerufene Impuls kann zur Beschädigung sensibler Ware führen. Schließlich ist bei herkömmlichen Durchlaufregalen an der Entnahmeseite eine Nachlaufsperre eingebaut, damit der Gabelstapler die erste Palette staudruckfrei herausheben kann. An dieser mechanischen Baugruppe kann es aber je nach Bedienung zu Problemen wie verkanteten Paletten kommen.
Vorteile von Antriebsrollen
Daher entschloss sich Bito, auf Antriebsrollen zu setzen. Die schieben die Paletten an, verhindern ungewolltes Stehenbleiben, können sie aber auch abbremsen. Im Kanal lassen sich Paletten mit sensibler Ware völlig berührungsfrei auch auf Lücke stellen. Und auf die Nachlaufsperre kann komplett verzichtet werden: Entnimmt der Stapelfahrer eine Palette, dauert es eine vordefinierte Zeit, bevor die Antriebe die Paletten kontrolliert nach vorne takten. Neben höherer Verfügbarkeit und Warenschutz ermöglicht das Regalsystem aber auch, die Neigung der Bahn zu halbieren. Dadurch lassen sich mehr Ladungsträger auf gleichem Raum lagern. Ein solches Durchlaufregal kommt mit lediglich zwei Prozent Neigung aus.
Einbaufertige Systemlösung
Die Antriebseinheit entstand in einer gemeinsamen Entwicklung zwischen Bito und EBM-Papst. „Neben Fragen der Größe und Leistung war eine zentrale Anforderung von Bito, wie so ein komplexes System in eine Tragrolle im Lagerregal integriert werden kann“, erinnert sich Matthias Trenz, Market Manager Industrial Drive Technology bei EBM-Papst. Als Antriebslösung stand am Ende ein einbaufertiges Cartridge. Das System beinhaltet einen BLDC-Motor mit Elektronik, Bremse und Getriebe sowie das Antriebsgehäuse mit Rollenboden und herausgeführtem Kabelbaum. Die Vorgabe war, dass das System ohne einen Schaltschrank in jeder Rollenbahn auskommen kann, um den Verkabelungsaufwand gering zu halten. Als Antriebsmotor dient der ECI 63.20 K4, ein bürstenloser Innenläufermotor mit 180W Leistung, der neben der intergrierten K4-Steuerung auch ein Bremsmodul hat. Durch die kompakten Maße und die hohe Überlastfähigkeit eignet sich die Baukastenlösung für Einsätze auf engem Raum mit dynamischen Anforderungen. Der Antriebsmotor der ECI-Baureihe hat einen Durchmesser von 63mm und eine Statorlänge von 20mm. Moderne EC-Motoren wie dieser haben den Vorteil, dass sie via integrierter Elektronik auf das Antriebsprofil der jeweiligen Anwendungen programmiert werden können. Somit lassen sich variable Drehzahlen, Drehmomente und die Leistungsabgabe nach Bedarf einstellen. Eine Vielzahl unterschiedlicher Elektromotoren ist somit nicht notwendig, eine hohe Individualisierung damit kostengünstig. Möglich macht diese flexible Regelung die Ansteuer-Elektronik K4, die direkt im Antrieb intergiert ist. Das Modul überwacht die Antriebe und ermöglicht im Rahmen der vorgegebenen Parameter 100 Prozent Motorauslastung. Antriebsvorteile wie volles Motordrehmoment ab Drehzahl 0 bei hoher kurzzeitiger Überlastfähigkeit lassen sich so nutzen. Durch die Sinuskommutierung werden durch den sanften Stromanstieg per Sinuskurve Kommutierungsgeräusche vermieden. Der Motor läuft sehr leise und vibrationsarm, wozu auch die wartungsfreien Kugellager beitragen. Die Intelligenz sitzt dabei dezentral in jeder Rolle, das ganze Regalsystem lässt sich daher beliebig erweitern oder verkürzen.