Während man Küchen früher in Serie produziert hat und die entsprechenden Teile für Schränke einlagern musste, ist heute eine Just-in-time-Produktion angesagt. Die Anforderungen der Holzverarbeiter, die ihre Produkte schnellstmöglich an ihre Kunden ausliefern wollen, steigen. In dieser Hinsicht steht Homag vor der Herausforderung, die Produktionslaufzeiten zu verkürzen. Daneben gilt es, alle Komponenten einer Anlage zu verheiraten. Dafür benötigt man nicht nur jede Menge Platz, sondern auch viel Zeit und Personal. Zudem sind Produktionen heute viel enger getaktet, sodass Homag Änderungen an der Steuerung und Programmierung seiner Anlagen vornehmen musste. Nicht zuletzt ist es erforderlich, virtuelle Simulationsmodelle von externen Baugruppen der Lieferanten (z.B. Antriebsregler) anhand von realen Komponenten zu entwickeln und diese anschließend den Lieferanten zu Verfügung zu stellen. Um diese Aufgabe zu lösen, benötigte Homag eine leistungsfähige Softwarelösung für die virtuelle Inbetriebnahme. Die Vorteile: Mittels virtueller Inbetriebnahme sinkt der Zeitaufwand, und die Prozesse werden effizienter, was letztlich die Kosten senkt. Das passende Tool fand der Anlagen- und Maschinenbauer in ISG-virtuos, einer Hardware-in-the-Loop-Simulationslösung, mit deren Hilfe man bereits vor der Inbetriebnahme einer Anlage deren Funktionstüchtigkeit testen kann. „Unsere Kunden erwarten von uns individuelle Lösungen und Abwicklungszeiten, die sehr kurz sind“, sagt Michael Zetzsche, Senior Manager Control Development Edge Processing in der Business Unit Edge bei Homag. Das Unternehmen musste sich also damit auseinandersetzen, wie eine beschleunigte Inbetriebnahme der Maschinen möglich sein könnte, ohne neue Anlagen aufbauen oder mehr Zeit und Geld in Ressourcen investieren zu müssen.
Virtualität und Realität
Die Belegung einer Anlage zu Testzwecken ist sehr zeitintensiv und verzögert die Produktion enorm. Mit ISG-virtuos kann Homag nun sämtliche Testszenarien simulieren. „Wir können virtuelle Inbetriebnahmen durchspielen, ohne Einschränkungen zwischen der realen Welt und dem virtuellen Prozess zu spüren“, erklärt Zetzsche. Dabei profitiert das Unternehmen nicht nur von Integrationstests, mit denen sich das Zusammenspiel der einzelnen Anlagen analysieren lässt, sondern von einem vollständigen Systemtest samt Einbeziehung der realen Komponenten. Es ist zudem möglich, reale Steuerungen über Feldbusse mit virtuellen Komponenten zu kombinieren. Dadurch gelingt es, reale Baugruppen zu simulieren und auch sehr komplexe Anlagen virtuell in Betrieb zu nehmen. „Viele andere Simulationslösungen und deren Handhabung haben mich nicht überzeugt“, führt Zetzsche weiter aus. „Sie boten auch keine Möglichkeit, Steuerungsmodule von verschiedenen Herstellern wie etwa Siemens oder Bosch anzubinden. Auch wegen ihrer hohen Benutzerfreundlichkeit war ISG-virtuos die einzige Lösung, die für uns infrage kam.“
Langjährige Zusammenarbeit
In Teilbereichen, z.B. im Engineering, setzt Homag ISG-virtuos bereits länger ein und wusste um die daraus resultierenden positiven Effekte. Die Herausforderung war nun, ISG-virtuos in der ganzen Unternehmensgruppe auszurollen. „Aufgrund unserer langjährigen Zusammenarbeit wussten wir in ISG einen verlässlichen Partner an unserer Seite, der auch die etwas komplizierte Integration der Simulationslösung in unsere IT-Infrastruktur gemeistert hat“, berichtet Zetzsche. Zu ersten Gesprächen trafen sich Anbieter und Anwender im Herbst 2016. Das Projekt zum unternehmensweiten Rollout startete im Frühjahr 2017, so dass Homag die ersten Ergebnisse bereits Ende Mai auf der Fachmesse Ligna vorstellen konnte. Einen konkreten Projektfahrplan gab es aufgrund der sehr partnerschaftlichen, bewährten Zusammenarbeit nicht. „Unsere Teams kennen sich aus früheren Projekten bereits sehr gut und sind eng miteinander verbunden“, erklärt Zetzsche. „Wir schätzen an der Zusammenarbeit insbesondere das visionäre Denken und die hohe Beratungskompetenz. Wenn wir eine neue Idee haben, sind wir uns sicher, dass ISG sie umsetzt.“ Inzwischen arbeiten mehrere Business-Units an unterschiedlichen Standorten mit der Simulationssoftware. Um die Entwicklung unternehmensintern voranzutreiben, hat Homag sogar ein eigenes Team, das unabhängig von den Business-Units die bedarfsgerechte Weiterentwicklung voranbringt und ein eigenes Regelwerk entwickelt.
Hohe Benutzerfreundlichkeit
ISG-virtuos ist anwenderfreundlich ausgelegt und so ist der Umgang mit der Software im Rahmen einer zweitägigen Basis-Schulung zu erlernen. Die unkomplizierte Handhabung ist angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Hardware-in-the-Loop-Lösung um ein geschlossenes System handelt, das alle nötigen Funktionen bereits beinhaltet, ein klarer Vorteil. Die Lösung besteht aus verschiedenen Standardbausteinen, die sich bedarfsgerecht zusammensetzen lassen. Alle Grundelemente der Simulationsbibliothek lassen sich individuell anpassen und sind über Schnittstellen integrierbar. In einer Homag-eigenen Technologiebibliothek sind Simulationen für jegliche Baugruppen abgelegt, die sich dann bedarfsgerecht konfigurieren lassen. Auf dieser Basis hat Homag inzwischen zahlreiche Entwicklungen realisiert, ohne im Vorfeld entsprechende Prototypen herstellen zu müssen. Vielmehr ist es heute möglich, mechanische Konstruktionen bereits im Vorfeld zu überprüfen. Passen die Layouts, die Maße und Transporte? Falls die Hersteller falsche Komponenten verbauen oder bestellen, bemerkt die Software den Fehler sofort.